Was genau ist ein Nottestament – und wann kann es genutzt werden?
In besonderen Lebenslagen, etwa bei plötzlich eintretender Gefahr oder schwerer Erkrankung, ist es manchmal nicht mehr möglich, den eigenen Nachlass durch ein formelles Testament beim Notar zu regeln. Für solche Ausnahmefälle sieht das deutsche Erbrecht eine spezielle Möglichkeit vor: das Nottestament.
Es ermöglicht eine rechtskräftige Verfügung auch ohne notarielle Beurkundung – allerdings nur unter klar definierten Voraussetzungen. Die gesetzliche Grundlage für diese Form findet sich in den §§ 2249 bis 2252 BGB.
Welche Varianten gibt es?
In akuten Notlagen erlaubt das Gesetz drei spezielle Verfahren zur Festlegung des persönlichen letzten Willens:
- Testament vor dem Bürgermeister
Ist der Weg zur amtlichen Stelle nicht mehr zumutbar, kann die Erklärung gegenüber der örtlichen Verwaltung erfolgen. Zwei Zeugen, die keine Vorteile aus dem Inhalt ziehen dürfen, müssen anwesend sein. Die Niederschrift wird laut vorgelesen und durch ein zustimmendes Zeichen – etwa ein Nicken – bestätigt. Diese Form ist als Bürgermeistertestament bekannt. - Erklärung gegenüber drei unbeteiligten Personen
In Situationen mit unmittelbarer Lebensbedrohung, bei denen kein Behördenkontakt mehr möglich ist, kann der letzte Wunsch auch durch mündliche Mitteilung gegenüber drei neutralen Personen festgelegt werden. Ehegatten oder direkte Verwandte sind ausgeschlossen. Wird die kritische Lage innerhalb von 14 Tagen überwunden, verliert diese Form automatisch ihre Rechtswirkung. Enthält das Dokument eine Begünstigung einer beteiligten Person, bleibt der restliche Inhalt bestehen – der betroffene Teil jedoch nicht. - Testament an Bord eines Schiffes
Auf hoher See kann eine Erklärung abgegeben werden, sofern das Schiff unter deutscher Flagge fährt. Auch hier sind drei glaubwürdige Zeugen erforderlich. Eine tatsächliche Seenot ist nicht zwingend notwendig. Freizeitfahrten, sportliche Ausflüge oder Angelausflüge erfüllen allerdings nicht die rechtlichen Bedingungen. Diese Form wird als See-Nottestament bezeichnet.
Welche Gültigkeit hat ein Nottestament?
Die Wirksamkeit dieser Notfalllösung ist zeitlich beschränkt. Bleibt der Erblasser nach Ablauf von drei Monaten am Leben, muss eine ordentliche Verfügung aufgesetzt werden – andernfalls verliert die Ausnahmeform ihre Gültigkeit (§ 2252 BGB). Frühere Schriftstücke bleiben unberührt, sofern keine ausdrückliche Änderung erfolgt ist.
Warum rechtzeitige Planung sinnvoll ist
Viele verdrängen das Thema Sterben. Doch klare Regelungen vermeiden Streitigkeiten und Unsicherheiten im Familienkreis. Wer Verantwortung übernehmen möchte, sorgt frühzeitig vor. Die Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht hilft, individuelle Wünsche rechtssicher umzusetzen und passende Lösungen zu finden.